Kategorie-Archiv: Vivencias

La Ruta de Lagunas

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Dans la vie, il n’y a pas des solutions.
Il n’y a que des forces en marche: il faut les créer et les solutions suivent.
A.Saint-Exupéry, Vol de Nuit (Nachtflug)

Ich sank erschöpft in den Sand und schloß die Augen. Alles drehte sich, und alles fühlte sich leicht, schwerelos an. Für die letzten 10km hatte ich dreieinhalb Stunden gebraucht, hartes Schieben durch weiches Kiesbett, gegen einen infernalischen Frontalwind, der mir täglich ab Nachmittag aus Süd-West entgegenblies. Erst in der Dunkelheit hatte ich den ausgehöhlten Felsen erreicht, in dessen Schutz ich das Zelt aufbaute. Über mir ein sternklarer Nachthimmel, Orion und Milchstraße, und um mich herum die endlosen Weiten dunkel schimmernder Sanddünen. Gegen halb Neun ließ der Sturm nach und wich mit der aufziehenden Kühle einer absoluten Stille, die gleichsam greifbar auf mich zukroch. Die Welt gehört Dir in solchen Momenten.
Die Bilder vom Tage klangen an: die bizarren Felsformationen, die ich durchwandert hatte, die immer wechselnden Farbspiele auf den samtigen, sanft gewellten Sanddünen, die ich für Stunden hätte beobachten können, die leuchtenden Lagunen mit den rosa hingetupften Punkten der Flamenco-Schwärme. An der blau-weißen Laguna Cañapa hatte mich eine freundlich faszinierte Touristengruppe, Besucher von einem anderen Stern, zum Mittagessen eingeladen, an der rostroten Laguna Colorada hatte ich meine Wasservorräte aufgefüllt, an der türkis-schwefelgelben Laguna Chalviri nach einem kräftigen Hagelschauer ein abendliches Bad in den heißen Thermalquellen genommen.
Am achten Tag erreichte ich mit der Laguna Blanca die Grenze des Nationalparks Avaroa, früh am nächsten Morgen bei frostigen -8ºC den Grenzübergang nach Chile. Vor mir erstreckt sich eine der längsten Abfahrten der Welt, die auf 42km feinstem Asphalt pfeilgerade mehr als 2000 Höhenmeter abfallende Straße ins Atacama-Becken, zur Touristenoase San Pedro. Meter für Meter trägt mich das traumhaft leicht gleitende Fahrrad zurück in die Zivilisation. Hinter mir liegt eine der intensivsten Zeiten meines Lebens.

There were times when I deeply doubted that a bicycle is the right means to cross a desert. These were moments of despair and they mostly happened in the evenings, after a day of hard pushing. Pushing here is to force a 50kg colossus in 4500m altitude through 5cm of sand – against steady headwind and uphill. With heavy struggle you average 3km an hour. You shout in the wind. He doesn’t care. It doesn’t matter. Nothing matters. You simply go on. You don’t know how many days have passed but you know for sure that the solution is only ahead. The sand dunes gleam in the sun. You could stand there for hours watching the changing colors on their subtle surfaces. You pitch the tent at night behind some sparse shelter against the yelling wind. Stars shine bright in the silvery night as you listen into the absolute silence. You are all alone in these wide open spaces. You go on pushing the bike the next day. Now and then, visitors from another planet pass by in trucks, taking pictures of your efforts and pitifully handling over a bottle of water. Once you lost the way and felt your precarious exposedness in these lonely moonscapes.
On the ninth day I crossed the border to Chile, riding then on the finest tarmac I’ve seen for two weeks, heading back to the amenities of civilisation. I know that I just spent one of the most intensive times of my life.

Since Sabaya, I cycled (and pushed) for 68,5 hours, 668km and 4350 altitude meters.

This excellent map is taken from tour.tk.

Durch die weiße Wüste

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If you should go skating // On the thin ice of modern life
Pink Floyd

Um Punkt 15 Uhr hatte mich der Bus in Sabaya abgesetzt, ein paar Häuser im Sand, nichts weiter. Am Vortag war meine Weiterfahrt aus Oruro dem Streik der Busfahrer zum Opfer gefallen, ich hatte den Aufschub genutzt, um noch einmal meine Vorräte aufzustocken: ausgestattet mit 12 Litern Wasser, 10kg Pasta und Reis, 1kg Saucen und Suppen und 2 Litern 96% Alkohol, der mir tatsächlich als trinkbar verkauft wurde (mir aber nur als Brennstoff und zur Desinfektion dienen sollte), stand ich an der Abzweigung zum Salar de Coipasa, eine stark gewellte Sand- und Schotterpiste, das berüchtigte bolivianische Waschbrett. Mein Abschied vom Asphalt für zwei Wochen. Die Schwierigkeiten, die mich in den nächsten Tagen herausfordern sollten, waren schnell angespielt: die starke Sonne, der heftige Frontalwind aus Süd-West und der auf der versandeten Huckelpiste unweigerlich zu Boden gleitende Gepäcksack. Wie im richtigen Leben auch neigen die Dinge dazu, sich gehen zu lassen, und nur mit ständiger Anstrengung (hier etwa alle 100m) halten wir die stetig anwachsende Entropie im Zaum. Erst am dritten Tag gelang es mir, mit einem ausgetüftelten Schnürsystem die Perioden erforderlicher Wartung auf Kilometer zu verlängern.
Für die erste Nacht fand ich Windschutz in einem geschlossenen Kreis aufgeschichteter Steine, die beim Verladen des Gepäcks am nächsten Morgen unter mir nachgaben und mich mit dem Proviantsack unter sich begruben: mit kleineren Schürfungen, Nudelmehl und Tomaten-Mandarinen-Likör im Rucksack ein gelungener Start ins Abenteuer!
Unverdrossen brach ich auf gen Horizont, den die weiße Fläche des Salars erleuchtete. Beim Näherkommen erwies sie sich allerdings als ein Untergrund von sehr gemischter Tragfähigkeit: eine salzige Kruste, durchsetzt mit groben Rissen und wässrigen Pfützen, deren Spritzwasser das Fahrrad bald mit einer weißen Haut überzog. Zauberhaft schwebend über dem leuchtenden Weiß tauchten lockend kleinere Inseln auf, unbeirrt peilte ich in 30km Entfernung am Ufer ein Dorf mit dem verheißungsvollen Namen Tres Cruces an. Es bestand aus wirklich nicht mehr als drei Kreuzungen – und einem rostigen Windradl, das wohlmeinende Europäer vor Jahren dort als Pumpe fürs Grundwasser installiert hatten. Aufgrund fehlender Ersatzteile wird nun allerdings wieder von Hand gepumpt.
Das Schieben durch die tief versandete Dorfeinfahrt war harte Arbeit; freudig wurde ich von einigen Kindern empfangen, die sofort meine schnell schwindenden Vorräte an Gastgeschenken plünderten. Am nächsten Abend, nach der mühseligen Durchquerung der Halbinsel zum Nordende des Salar de Uyuni, fand sich kein so dankbares Empfangskomitee: just bei meinem Eintreffen in Tahua am Fuß des farbigen Volcán Tunupa fiel die Stromversorgung aus, nur vereinzelte Schatten huschten durch die dunklen Straßen, in einigen Fenstern brannten Kerzen.
Der Salar de Uyuni ist mit einer Flächenausdehnung größer als Niederbayern die größte Salzwüste der Erde. Sein Salz wird seit Jahrhunderten abgebaut und als Baumaterial, aber auch zum Verzehr genutzt. Seit kurzem vermutet man reichhaltige Lithiumvorkommen unter seiner Oberfläche, deren Erkundung gestaltet sich schwierig (s.a. ein aufschlußreiches Interview). Mit einer Zelt-Übernachtung auf der für ihre wunderschönen Säulenkakteen bekannten Isla Incahuasi habe ich diese eindrucksvolle weiße Ödnis in zwei Tagen durchquert.
Mit Einbruch der Dunkelheit gelangte ich am Abend des zweiten Tages nach San Juan, letzte Versorgungsstation vor der Lagunenroute durch die silolische Wüste. Die Suche nach einer Nahrungsquelle führte mich zu einer Abiturfeier, die nach lokalem Brauch mit einer Speisung des gesamten Dorfes begangen wird. Überaus freundlich wurde ich begrüßt und bewirtet. Die Folgeerscheinungen der nächtlichen Völlerei erzwangen dann aber zwei Ruhetage in dem abgelegenen Sanddorf.

Über den Wolken

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Nach dem Abschied von meiner Mutter, meinem Bruder, fühlte ich mich erstmals auf dieser Reise etwas verloren, etwas ziellos in der weiten Welt.
Noch am Nachmittag habe ich für den folgenden Tag die nur mit Bergführer zulässige Besteigung des Huayna Potosí gebucht, des weißen Riesen von 6088m, der mich schon beim Titicaca-See über die steinige Hochebene hinweg gegrüßt hatte.
Da die beiden außer mir angemeldeten Österreicher über Nacht ausgefallen waren, startete ich am nächsten Morgen allein mit Leucadio in dichtem Nebel und Hagelschauern den Anstieg zum Basislager auf 5200m. Über Nachmittag hob sich die Wolkendecke und gab den Blick auf den uns bevorstehenden Weg frei: ein steiler Aufstieg durch verspaltete Gletscherfelder. Wie man mich in der Agentur vorgewarnt hatte, genießen nur etwa die Hälfte der Besteigungen das Gipfelglück.
Gegen Abend erhob sich ein infernalischer Wind; früh in den Schlafsack gekrochen, lauschte ich schlaflos in die Nacht. Kurz vor Mitternacht, kurz vor unserem Aufstehen legte sich zauberhaft der Sturm, und gegen ein Uhr leuchtete uns ein heller Mond den Weg durch die nächtlich träumenden Gletscherabbrüche. Der gefürchtete Höhen-Kopfschmerz blieb mir erspart, nur eine leichte Übelkeit, die ich in einem Liter Cola ertränkte, und Atemnot, die mich, nicht aber meinen 52jährigen Bergführer an steilen Stellen alle Hundert Meter zum Innehalten zwang.
Noch vor Sonnenaufgang erreichten wir über einen schmalen, vereisten Grat den Gipfel. Berge heilen Sehnsucht: es ist wahr, daß „über den Wolken“ unsere Maßstäbe sich relativieren, daß man sich freier, dem Leben näher fühlt.

Beim nachmittäglichen Abstieg vom Basislager holte uns das längst mit Blitzen am Horizont drohende Gewitter ein und begleitete uns wieder mit ausdauerndem Hagelschauer. Auch die 1,5stündige Rückfahrt nach La Paz gestaltete sich interessant: in einer engen Kurve der Schotterstraße ein kräftiger Frontalzusammenstoß mit dem zu schnell entgegenkommenden Auto, die Fahrer verlassen durch die klemmenden Vordertüren ihre Fahrzeuge und gehen zunächst mit Fäusten aufeinander los. Nach einiger Diskussion und bedrückter Schadensbegutachtung einigt man sich geradezu herzlich. Eine spannende Lektion bolivianischer Konfliktbewältigung und das Ende eines ereignisreichen Tages.

A deep dive into Bolivia

Gemeinsam machten wir uns auf den Weg in den Süden des Landes, zur weißen Salzwüste des Salar de Uyuni, über die Lagunenroute mit ihren weiß, grün, rosa und tiefrot schillernden Seen und Scharen von Flamingos durch die unbewohnte Hochwüste bis an die chilenische Grenze. Wir erlebten Potosi, einst die reichste Stadt der Welt, deren Aufstieg und Fall E.Galeano in seinem Opus Magnum paradigmatisch 30 Seiten widmet: einst von prächtigen Villen gesäumte silbergepflasterte Straßen, heute in drückende Armut verfallen und einsam in der Tiefe des Schicksalsberges Cerro Rico mit Hammer und Pickel Spuren von Restsilber schürfende Verzweifelte – Beckett’s Welt. Abends aber trafen wir in den Straßen auf fröhliche, ausgelassen tanzende Gruppen junger Menschen, eben trotz allem. Vom Pferderücken aus erkundeten wir die surrealistischen Felslandschaften im tiefen Süden bei Tupiza. Nach einer rasanten Fahrradabfahrt über die berüchtigte Todesstraße, einer auf 65km steil und ungesichert von 4600m auf 1500m in die reiche Vegetation der Yungas abfallenden Schotter-Straße, ließen wir unsere Rundreise in Coroico unter Palmen und lianenverhangenen Wäldern ausklingen.
Für einen Bericht über unsere gemeinsame Zeit konnte ich meinen Bruder Andrej gewinnen.

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Wer eine Reise macht, der hat etwas zu erzählen. Um in die Ehre eines Gastbeitrags auf welterfahren.com zu kommen, muß man das Unterfangen auf sich nehmen, Simon 12 Tage auf seinen Abenteuern zu begleiten.
Mancher Leser mag wie ich im Geist ‚Reisen‘ als Synonym für ‚Urlaub‘ betrachten. Während Simon sich derzeit der globalen Entdeckung widmet, fokussiere ich mich eher auf die lokale Wertschöpfung. Reisen hat bei mir nur als erholsame Abwechslung einen Platz – voller Annehmlichkeiten und Service mit dem Ziel der Entspannung und moderat neuen Eindrücken. Diese Art von Reisen ist komfortabel – aber auch austauschbar. Die Hotels in Paris, Malta oder Oslo unterscheiden sich nicht grundlegend. Simon’s Reisen dagegen stehen unter dem Motto der ‚street-credibility‘, des authentischen Nachvollziehens fremder Kulturen und Lebensweisen.
Das fordert Kompromisse, zeitlich, gesundheitlich und im Lebensstandard. Als Leser dieses Blogs sind wir alle von den farbenprächtigen Fotos, munteren Reiseberichten aus der Ferne und dem ansteckenden Freiheitsbewußtsein unseres jungen Abenteurers fasziniert und inspiriert. Der Energieaufwand und die Opfer, die ein solches Leben-on-the-go fordern, verlieren wir dabei gerne aus den Augen.

In meinem Beitrag eines Außenstehenden, der nur vorübergehend in dieses Erlebnis eintauchte, möchte ich daher auf ein paar dieser Besonderheiten spezifisch in Bolivien eingehen.

Zeit
Nirgendwo ist die Relativität der Zeit plastischer zu erleben als in Bolivien. Unsere Uhren aus (unberechtigter) Angst vor Kriminalität zuhause lassend, waren wir vor Ort Spielball der lokalen Zeitdefinition. Eine illustrierende Geschichte: Wir waren gerade von einem 3-Tagestrip über den weltgrößten Salzsee, Lagunen und spektakuläre Felslandschaft nach Uyuni, einer kleinen Wüstenstadt, zurückgekommen und planten unsere Weiterreise nach Potosi.
Nach erster Auskunft fuhr der nächste Bus um 7 Uhr. Wir begaben uns in ein Restaurant, mein Handy zeigte 6 Uhr. Die Kellnerin trieb uns jedoch zur Eile an mit ihrer Zeitangabe von 6.20 Uhr. In großer Hast zurück zum Busbahnhof schockte uns dort der Bahnhofsturm: 7.25 Uhr! Die Uhr im Ticketbüro sorgte wiederum für Beruhigung, der Zeiger stand auf 6.55 Uhr. Die offizielle Busabfahrt war nun doch für 7.10 Uhr geplant, vom Bus zu diesem Zeitpunkt jedoch weit und breit keine Spur. Letztlich erst gegen 7.40 Uhr machte sich der Bus auf den Weg nach Potosi.
Während in Europa Zeit in nüchterne Maßeinheiten eingegliedert ist, wird in Bolivien Zeit noch demokratisch definiert.

Hygiene
Meine kleine sterile Londoner Office-Welt hinter mir lassend, traf mich der markanteste Schock angesichts der hiesigen Armut.
Das Leben spielt sich in Bolivien auf der Straße ab. Marktstände an allen Ecken, Essensverkauf und Verzehr, Familientreffen, spielende Kleinkinder und herumstreunende Straßenhunde – ein buntes Treiben direkt neben den beißenden Abgasen und dem tosenden Lärm des Verkehrschaos. Mehrere Tage unserer Reise außerhalb der Großstädte mußten wir ohne fließend Wasser auskommen. Das Plumsklo ist in vielen Gegenden ein derartiger Luxus, das man zur Benutzung Eintritt zahlen muß.
Jedes Essen stellt ein Wagnis dar – ein Wagnis, das sich oft genug nicht bezahlt macht.

Natur
Während das ursprüngliche Ungetüm Natur in Europa weitestgehend domestiziert ist und eher noch aus Mitleid bei manchen Lobbygruppen Unterstützung findet, wird Bolivien von der Natur beherrscht. Das Land ist groß und geographisch herausfordernd. Auf einer Fläche, die viermal so groß ist wie Deutschland, leben rund 10 Millionen Einwohner. Bolivien ist zwiegespalten in ein Hochplateau auf rund 3500 Meter und einer vom Regenwald besetzten Tiefebene. 80% der Bevölkerung Boliviens leben höher als die deutsche Zugspitze.
Eine Infrastruktur läßt sich hier nur schwer aufbauen. Das Land gilt als unregierbar. Vor der aktuellen Regierung gab es in 99 Jahren 100 verschiedene Präsidenten. Nachdem Simon Bolivar 1824 namensgebend Bolivien von der spanischen Besatzung befreite, ging jeder spätere Krieg gegen Nachbarstaaten verloren.
Dennoch – die erhabene Schönheit der Natur und mit die größte Ressourcen-Schatzkammer der Erde verführen die Menschen, sich hier ein karges und erschöpfendes Leben zu ertrotzen.

Als Reisender erbringt man diese Opfer und Strapazen tatsächlich gerne – sie sind leicht vergessen im Anblick der erstaunlichen Naturschauspiele, sei es der überwältigenden Salzwüste, der mysteriösen Geysire, der bizzaren Felslandschaft um Tupiza oder des zauberhaften Arbol de Piedra.

Während meine Mutter und ich uns nun wieder auf den 23 Stunden Flug nach Hause begeben haben, erobert Simon weiterhin erlebnishungrig Südamerika. Meter für Meter.

Andrej Kuttruf

Lago Titicaca

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Kurz vor Puno ein letzter Pass und dann lag er vor mir: bayrisch blau-weiß glitzernd, der Lago Titicaca. Himmel und Erde fließen ineinander im unendlichen Blau, und nach den alten Legenden mischte sich hier das Göttliche unter die Menschen: nach Myriaden der Dunkelheit die Wiedergeburt der Sonne aus einer Felsmulde auf der Isla del Sol, später der Geburtsort der Götterkinder Cápac und Occlo, Stammeseltern der Inkas.
Die 5000 Einwohner dieser Insel ehren ihren heiligen Boden noch immer mit siebenjähriger Brache nach siebenjährigem Anbau von Quinoa, Mais und Kartoffeln; erst seit fünf Jahren gibt es Strom auf der nun auch touristisch erschlossenen Insel.
Durch heftige Wetterwechsel von mediterraner Sonne auf Hagel mit Temperaturschwankungen von 20ºC folgte ich dem sanften Auf und Ab des Westufers, gesäumt vom gelben, zähen Totora-Schilf, das die Aymara, brusthoch im Wasser, für ihre Behausungen schneiden.
Auf den Spuren eines Kindheitshelden besuchte ich in Huatajata Pablo Esteban Limachi, den besten Schiffsbauer der Welt – der Mann, der für T.Heyerdahls Expeditionen die Binsenboote baute, unter anderem die Ra-II. Heute ein in und von der Vergangenheit lebender aufgeschlossener 80jähriger, der bei seinem Erzählen von seinen Konstruktionsplänen, von seiner Arbeit im heutigen Irak und in Norwegen immer wieder in den weichen Singsang des Aymara verfiel.
Bald nach unserem freundlichen Abschied, unmittelbar nach einer kleinen Biegung, erhoben sich vor mir, zum Greifen nah, die schneeweißen Berggipfel der Cordillera Real über der sandigen Hochebene, die ich bis zur staubigen Stadteinfahrt von La Paz durchquerte. Am frühen Nachmittag fand ich mich wieder mitten im brodelnden Verkehrschaos dieser widersprüchlichen Metropole, faszinierend in ihrer einzigartigen Mischung von indigenem Flair, bitterer Armut und gläsernen Hochhäusern, umgeben von Wüste und Bergen. Ich konnte es kaum erwarten, bereits am nächsten Morgen meine Mutter und meinen Bruder in die Arme zu schließen.
Seit Cusco habe ich 710km und 2950 Höhenmeter zurückgelegt.


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