Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: „Sie haben sich gar nicht verändert.“ „Oh!“ sagte Herr K. und erbleichte.
B.Brecht, Das Wiedersehen
In Burgos, vor der prächtigen Kulisse der Kathedrale, traf ich meine Eltern, begegnete ich nach Jahr und Tag meinem Vater wieder.
Wer könnte einen solchen Moment beschreiben? Alles war anders und alles war vertraut. All die Erfahrungen, die Begegnungen, das Gelebte seither – welche Spuren hinterläßt es, wie verändert es einen? Inwieweit entspricht einer noch dem Bild, das der andere sich in der Zwischenzeit bewahrt hat? Und das sich im Lauf der Tage und Wochen und Monate selbst gewandelt hat? Wie verhält man sich zu dieser Differenz? Was knüpft an, was setzt sich fort? Das sind nicht Fragen die sich stellen, sondern Fragen deren Antworten sich ergeben.
– Wir verbrachten heitere, unbeschwerte Tage des Erzählens und Nachholens, Tage, in die kaum ein Schatten der ungewissen Zukunft fiel. Wir genossen den spanischen Frühling, wandernd in den Gipfeln der Picos de Europa, spazierend entlang der steil in den Atlantik abfallenden Felsküste.
Am Vormittag unseres vorläufigen Abschieds in Bilbao besuchten wir das Guggenheim-Museum. Dieses Museum stellt, abgesehen von ein bißchen Konzeptkunst, vor allem sich selbst aus: den spektakulären, überwältigend verschachtelten, vielperspektivischen Bau des amerikanischen Architekten F.Gehry. Wer die Komplikationen kennt, die schon ein einfacher Umbau des Eigenheims verursachen kann, den wird besonders beeindrucken, daß ein solches Jahrhundert-Projekt plangemäß in vierjähriger Bauzeit und im Budgetrahmen fertiggestellt wurde.
Nach dem Abschied am Flughafen kehrte ich für einige Tage nach Burgos zurück.