Kategorie-Archiv: Schweiz

Auf der Seenroute durch die Schweiz

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Nirgendwo habe ich ein so flächendeckendes, so durchdacht angelegtes, perfekt ausgebautes und sorgsam beschildertes Netzwerk an Velo-Wegen gesehen wie in der Schweiz. Hier war es tatsächlich möglich, ohne Gefahr für Leib und Leben und sozusagen mit dem Autopiloten ein ganzes kleines Land zu durchqueren.
Wie immer wieder in den vergangenen Wochen hatte ich oft den Eindruck, daß sich Kreise schließen, spontane Reminiszenzen an Situationen und Begebenheiten früherer Reiseetappen: als ich auf der Abfahrt vom Pass des Dent du Lyc während eines ordentlichen Sommergewitters mit dem schweigsam-zufriedenen Wirt unter dem Dach seiner Alm karge Worte wechselte wie mit den peruanischen campesinos, als die Steigung zum Bönigpass wie damals beim Paso Jama kein Ende nahm, als der Automechaniker nach dem Ölen meiner Kette ein Trinkgeld ablehnte („ach komm, laß“) wie einst im Fahrradladen von Macas, als ein sintflutartiger Regenfall die Straßen Luzerns innerhalb von 20 Minuten flutete wie auf der Exkursion ins kolumbianische Eje Cafetero die Sandpisten.
Und dann das unvermittelte Erstaunen, als ich nach 14 Monaten wieder auf Deutsch angesprochen wurde, im deutschen Sprachraum des Berner Oberlandes. Zum ersten Mal auf dieser Reise wußte ich nicht, wie ich grüßen sollte: ein einfaches ‚Hallo‘ schien mir klanglos, das ‚Guten Tag‘ zu steif, das schweizerische ‚Griaß Di‘ zu salopp und anbiedernd. Und bis ich zum kernigen ‚Servus‘ gefunden hatte, war ich über Zürich und Schaffhausen schon wieder nach Deutschland gelangt.
Lausanne – Donaueschingen: 414km, 4.806 Höhenmeter.
Karte folgt.

Lausanne: Escale au Paradis

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And I am dumb to tell a weather’s wind
How time has ticked a heaven round the stars.
D.Thomas, The Force That…

Nach einer zweiten Zeltnacht im Kurpark von Aix-les-Bains folgte ich der spektakulär ans felsige Ufer des Lac Bourget gebauten Straße nach Genf. In dieser mondänen Kleinstadt gibt es mehr luxuriöse Autos als geschäftige Einwohner, und mittlerweile sind die in schwarzen Burkas verhüllten Frauengestalten zahlreicher noch als die Uhrenläden. Mehr Charme besitzt das rauhere Lausanne, und die vertraute Kette der schmucken Dörfer entlang des Lac Léman versetzte mich wie die rückwärtslaufende Spule einer Zeitmaschine in die glücklich-erwartungsvolle Stimmung jenes früheren Aufbruchs, als ich in der École Polytechnique das unbeschwerteste Jahr meines Studiums verbrachte. Da war wieder dieser Geschmack, dieser trockene, würzige Duft von Zypressen, der mich vor sieben Jahren dort am Bahnhof, nichts als einen Koffer in der Hand, begrüßt hatte. Herzlich war die Begegnung mit meinem damaligen Vermieter, Ms.Carrupt, mit dem ich in den folgenden beiden Tagen das besonnte Plateau des Jura-Massivs durchquerte, die eigenwillige Architektur der neuen Campus-Bibliothek beging und lange, milde Abende in entspanntem Freundeskreis genoß – Wiederentdeckung eines Stücks gelebten Lebens, dessen Erinnerung immer in Menschen und Orten aufbewahrt ist.