Europa wieder

Diese Diashow benötigt JavaScript.


Nach zwölfstündigem Flug und 10.000 Kilometern landet der Airbus A340 komplikationslos in Madrid, und um 17.30 Uhr Ortszeit betrete ich erstmals wieder europäischen Boden. Noch am Flughafen befreie ich das zerlegte Fahrrad aus dem Karton und fahre nach 1,5stündiger Montage in die Innenstadt. Es ist dort der Tag des Buches und des Champions League-Spiels München gegen Madrid.
Wie fühlt es sich, wieder in Europa zu sein? Der erwartete Kultur- ist zunächst vor allem ein Preisschock – alles genau dreimal so teuer wie noch in Argentinien, und für alles muß gelöhnt werden: vom Gepäckwagen am Flughafen bis zum Lächeln des Kellners, der mir später im thailändischen Restauant ein vegetarisches Essen serviert, so delikat wie ich es auf dem Kontinent der Carnivoren seit Ricardos Abschiedsmahl in Santiago nicht mehr hatte. Schwierig eine Unterkunft zu finden, die mich mit dem Fahrrad aufnimmt: die Leute leben in Sorge um ihre tapezierten Wände.
Beim Abendspaziergang durch die Innenstadt komme ich mir vor wie in einer niedlichen Spielzeugwelt: gediegene Fassaden, alles so sauber, die Trottoirs ohne Ausschau nach Löchern und Brettern gefahrlos begehbar, fein gekleidete, dezent parfümierte Passanten, die mit putzigen Chihuahuas aus makellos glänzenden Autos steigen, gern zur Schau getragener Wohlstand, fancy stuff.
Am nächsten Tag besuche ich eine Ausstellung über Pixar, die Firma, die in den 80er Jahren mit den ersten klotzigen Animationsfilmen begann und von S.Jobs an Disney verkauft wurde. Ein Stück der Geschiche meiner Generation auch, die wir gerade noch eine Welt ohne die Omnipräsenz elektronischen Spielzeugs kannten. Den Nachmittag verbringe ich mit der vergeblichen Suche nach benzina blanca für meinen Benzinkocher: hier braucht man dazu wahlweise einen Waffenschein oder eine abgeschlosse Sprengmeister-Ausbildung.
Dann mache ich mich wieder auf den Weg, teilweise auf der Autobahn (Polizisten winken resolut, ich winke freundlich zurück) im Frühlingsregen sanft ansteigend bis zum 1500m-Pass bei Somosierra, dann über Land durch Kastilien bis Burgos. Unterwegs in den verfallenen Dörfern nette Unterhaltungen mit den Alten, die gelassen vor ihren Steinhäusern in der Sonne sitzen und von ihren Kindern erzählen, Kinder, die längst in die Städte oder zum Arbeiten nach Deutschland gezogen sind.
In Burgos, vor der prominenten Kulisse der Kathedrale, treffe ich herzlich meine Eltern, begegne nach Jahr und Tag meinem Vater, und alles war anders und alles war vertraut.