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Es war gut, nach den Tagen in den Wanderstiefeln wieder auf dem Rad zu sitzen. Es wurden lange Tage intensiver Eindrücke, Tage im schroffen Auf und Ab einsamer Bergpässe, Tage in Wolken und Sonne, Tage ganz mit mir selbst.
Das stetig ansteigende Tal des
Utcubamba bei Leymebamba verlassend, schraubte sich die Straße in weiten Schwüngen hinauf in die kargen Höhen der
Cordillera Calla Calla. Die peruanischen Bergstraßen sind viel gnädiger, weniger steil angelegt als die ecuatorianischen und zirkeln demütig die Hanglagen aus. Zuverlässig trug mich die Kraft meiner Beine aufwärts. Nur die einfallende Dämmerung stoppte mich auf 2700m, wo ich in einer Senke der sanft gewellten Weideflächen das Zelt aufschlug. Trotz der grau-rötlich drohenden Wolken blieb die Nacht trocken, wenn auch frisch; erst am nächsten Morgen begleitete der Regen meinen weiteren Aufstieg. Vereinzelt zeigten sich in dem dichten Nebel die schemenhaften Gestalten von leuchtend rot und blau gekleideten Milchbäuerinnen. Bei windigen 5°C überquerte ich den Pass auf 3600m und tauchte bald darauf unter der Wolkendecke hervor. Mir öffnete sich ein atemberaubender Ausblick: rostbraune Bergrücken, besprenkelt mit Sonnenflecken, in der Ferne blau-weiß leuchtende gewaltige Bergketten. Es war eine 30km lange Abfahrt auf einer schmalen, ungesicherten, aber glücklicherweise kaum befahrenen Straße ins tief eingeschnittene Tal meines alten Bekannten Río Marañon. Nach der Brücke bei Balsas auf 950m ü.M. dann bei nachmittäglichen 35°C der Gegenanstieg durch Fels und trockene Kakteenhaine. Das von einem zentralen Kanal bewässerte grüne Mittelband des Bergs war hier allerdings intensiv bestellt und gleichmäßig besiedelt; erst gegen 19Uhr in der Dunkelheit, nach 10,5h im Sattel (davon 2h photographierend), fand ich neben einem kleinen Pfad einen ebenen Platz im Gesträuch für das Zelt.
Früh um halb acht war ich bereits wieder auf der Erdpiste, doch die Sonne holte mich bald ein. Für meine letzten 3Soles Bargeldreserven kaufte ich eine Flasche Wasser gegen den brennenden Durst, und erklomm den letzten Pass auf 3000m vor der Provinzhauptstadt
Celendin. Unter dem blauen Himmel grüßte noch einmal die bewältigte Cordillera, auf der anderen Seite 300m
unter mir die Stadt, und ich hatte unvermittelt das Gefühl, mit mir und der Welt ganz im reinen, im richtigen Projekt zu sein.
Ich verbrachte anderthalb entspannte Tage in Celendin, mit frischem Geld schlendernd auf dem Markt, zwischen Frucht-, Saft-, Gebäck- und Gemüseständen nach der frugalen Brot- und Bananenkost der zurückliegenden Tage meinen großen Hunger stillend. Zum ersten Mal sah ich hier die für die Region typische Hutmode.
Mit regenerierten Reserven und repariertem Schutzblech und Vorderlicht fuhr ich weiter nach
Cajamarca, die Hauptstadt des gleichnamigen
Departamentos: durch schweizerisch anmutende Hügellandschaft bis zum Pass auf 3750m, dann auf rauhem Schotter wieder abwärts auf 2750m. Im Dämmerlicht durchquerte ich nach Encanada eine Hochebene von unvergleichlicher Zartheit, am Rand der pfeilgeraden Straße still sitzende Frauengestalten, ruhig wartend auf Nichts. Gegen 19Uhr war ich im Verkehrschaos der trostlosen Stadteinfahrt. Noch immer scheint hier das
brutale Gemetzel spürbar, in dem die wortbrüchigen Konquistadoren 1532 unter Pizarro 5000 Inkas und den letzten Inkakönig Atahualpa hinrichteten.
Seit Bagua Grande hatte ich 447km und 7900 Höhenmeter zurückgelegt.
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