Kategorie-Archiv: Europa

Unter Freunden

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Diese Tage an denen wir glaubten
Wir hätten nichts zu verlier’n
Tote Hosen, Altes Fieber

In Donaueschingen, wie abgesprochen auf die Minute um 11Uhr am Bahnhof, traf ich meinen Schulfreund Andreas, der es sich trotz der Terminkollision mit dem Kindergeburtstag seines vierjährigen Sohnes nicht nehmen lassen wollte, diese Etappe im Donautal mit mir zu radeln: „Du kommst von einer solchen Reise nur einmal heim“.
Durch idyllische Täler folgten wir dem Lauf der jungen Donau, vorbei an verträumten Burgen und über Felder, rot gefleckt von blühendem Mohn. Den Verlockungen der Kirmes bei Tuttlingen konnten wir nicht ganz widerstehen. An einer lauschigen Biegung des Flußes, am Jägerhäuschen, mit dem mich unerwartet eine Kindheitserinnerung verband, schlugen wir unsere Zelte auf. In unserem Erzählen all der Jahre seither, der Lebenslinien, denen wir folgten, war die alte Vertrautheit, die die Zeit vergessen ließ. – Wenig fehlte, daß wir nach einem gemütlichen Abendessen im benachbarten Jugendlager die Fahne geklaut hätten.
Ein zäher Gegenwind machte uns am nächsten Tag zu schaffen, und nachdem wir in Riedlingen außer einem Kuchen auch die Anerkennung genossen hatten, die unsere bepackten Fahrräder bei der versammelten Philosophenrunde im Café hervorriefen, entschieden wir uns für den Trick, den Donauradweg anzutäuschen und zum Bahnhof abzubiegen. So radelten wir, von Blaubeuren her kommend, bereits am frühen Abend in Ulm ein, wo uns Anna und Lukas warmherzig begrüßten. Gemeinsam erwartete uns ein volles Programm: das Ulmer Münster, das Mitfiebern beim WM-Spiel im Biergarten und am Abend das süffige Konzert des abgehalfterten, aber bestgelaunten Violinvirtuosen N.Kennedy.
Es war mein erster Besuch bei ihnen und das erste Mal, daß ich das sicherlich nicht immer leichte, das willentlich beständige Glück der jungen Familie, der alten und neuen Freunde, kennenlernen und teilen durfte – ein Lebensentwurf, der in seiner sanften Verbindlichkeit so ganz anders war als mein unstetes Wanderleben, und für mich eine herzliche Begegnung, die einmal mehr bewies, was ich auf dieser nun zurückliegenden Reise verstanden hatte: daß es im Leben einzig auf die Menschen ankommt, mit denen wir uns umgeben, mit denen wir es gestalten.
Seit Donaueschingen 157km und 732 Höhenmeter.

Auf der Seenroute durch die Schweiz

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Nirgendwo habe ich ein so flächendeckendes, so durchdacht angelegtes, perfekt ausgebautes und sorgsam beschildertes Netzwerk an Velo-Wegen gesehen wie in der Schweiz. Hier war es tatsächlich möglich, ohne Gefahr für Leib und Leben und sozusagen mit dem Autopiloten ein ganzes kleines Land zu durchqueren.
Wie immer wieder in den vergangenen Wochen hatte ich oft den Eindruck, daß sich Kreise schließen, spontane Reminiszenzen an Situationen und Begebenheiten früherer Reiseetappen: als ich auf der Abfahrt vom Pass des Dent du Lyc während eines ordentlichen Sommergewitters mit dem schweigsam-zufriedenen Wirt unter dem Dach seiner Alm karge Worte wechselte wie mit den peruanischen campesinos, als die Steigung zum Bönigpass wie damals beim Paso Jama kein Ende nahm, als der Automechaniker nach dem Ölen meiner Kette ein Trinkgeld ablehnte („ach komm, laß“) wie einst im Fahrradladen von Macas, als ein sintflutartiger Regenfall die Straßen Luzerns innerhalb von 20 Minuten flutete wie auf der Exkursion ins kolumbianische Eje Cafetero die Sandpisten.
Und dann das unvermittelte Erstaunen, als ich nach 14 Monaten wieder auf Deutsch angesprochen wurde, im deutschen Sprachraum des Berner Oberlandes. Zum ersten Mal auf dieser Reise wußte ich nicht, wie ich grüßen sollte: ein einfaches ‚Hallo‘ schien mir klanglos, das ‚Guten Tag‘ zu steif, das schweizerische ‚Griaß Di‘ zu salopp und anbiedernd. Und bis ich zum kernigen ‚Servus‘ gefunden hatte, war ich über Zürich und Schaffhausen schon wieder nach Deutschland gelangt.
Lausanne – Donaueschingen: 414km, 4.806 Höhenmeter.
Karte folgt.

Lausanne: Escale au Paradis

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And I am dumb to tell a weather’s wind
How time has ticked a heaven round the stars.
D.Thomas, The Force That…

Nach einer zweiten Zeltnacht im Kurpark von Aix-les-Bains folgte ich der spektakulär ans felsige Ufer des Lac Bourget gebauten Straße nach Genf. In dieser mondänen Kleinstadt gibt es mehr luxuriöse Autos als geschäftige Einwohner, und mittlerweile sind die in schwarzen Burkas verhüllten Frauengestalten zahlreicher noch als die Uhrenläden. Mehr Charme besitzt das rauhere Lausanne, und die vertraute Kette der schmucken Dörfer entlang des Lac Léman versetzte mich wie die rückwärtslaufende Spule einer Zeitmaschine in die glücklich-erwartungsvolle Stimmung jenes früheren Aufbruchs, als ich in der École Polytechnique das unbeschwerteste Jahr meines Studiums verbrachte. Da war wieder dieser Geschmack, dieser trockene, würzige Duft von Zypressen, der mich vor sieben Jahren dort am Bahnhof, nichts als einen Koffer in der Hand, begrüßt hatte. Herzlich war die Begegnung mit meinem damaligen Vermieter, Ms.Carrupt, mit dem ich in den folgenden beiden Tagen das besonnte Plateau des Jura-Massivs durchquerte, die eigenwillige Architektur der neuen Campus-Bibliothek beging und lange, milde Abende in entspanntem Freundeskreis genoß – Wiederentdeckung eines Stücks gelebten Lebens, dessen Erinnerung immer in Menschen und Orten aufbewahrt ist.

Le Cœur de France – from X to X

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After the chichi aloofness of the south, the mountains of the Massif Central came as a relief for the soul and a refreshment for the mind; people was sincere, cordial and honest again, and the landscape was just beautiful.
Only once, the day after Ascension day, I got into the traffic jam out of Apt where I had observed a man in the middle of the crowd, explaining with wild gestures his daily morning procedures to two others, ending with the apparently true statement „J’suis débordé“ („I’m completely confused“). I left the caravanes behind and headed for the Mont Ventoux, the famous Mecca for cyclists from all over Europe. I enjoyed their respectful or pitiful gazes on my burdened bike, but I was by no means intending to burn energies for nothing on that mountain. I cycled round it and got into hills soon enough, when the road climbed to the quite relaxed bohemian village Die, and, after a rest day, further to the Col de Rousset at 1254m. Surrounded by these white-capped mountains, cycling through the freshly green, flowery meadows, life felt just alright.
In the late afternoon, I crossed the Gorges de la Bourne, remembering the peruvian Canon del Pato and deeply impressed by this masterstroke of engineers in the early 19th century: hanging down from ropes, they put dynamite into small holes and pushed off. Some paid with their lives when they swung back too early… But I was in trouble myself: the steep hillsides were no camp spot and the plateau afterwards with pastures in a beautiful twilight no place to hide. It got later and darker, too late to ask for accomodation in this rural area and too dark to find a good spot. I somehow knew that something would happen when I cycled onwards into the darkness, and it happened: at about 10 p.m., on a side road, I met a man who got aware of that glint of despair in my face – the evening with Cathy and Didier, exchanging travel experiences and ways of life, was one of these unexpected, undeserved encounters which sometimes occur in moments of need.
Day became not day the other day. It kept raining when I descended to Grenoble, when I crossed one of the first tunnels in the Alpes, Les Echelles, when I passed Chambéry, until I reached Aix-les-Bains. But I could not have felt better.
From X to X, I cycled for 437km and 5.335 height meters.

The South of France

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There is no sorrow like the murmur of their wings
There is no choir like their song
There is no power like the freedom of their flight
While the swallows roam alone …
And will the silence strike confusion from your soul
And will the swallows come again?
J.Baez, Swallow Song

The next village after the gorges was Rennes-les-Bains, and I sat down there on the sunny terrace of a bakery to have a cup of tea. A strange bulletin catched my eye: „it is not permitted to smoke anything else than tobacco here!“. I wondered until I saw a group of bearded young man with guitars and slacks like skirts coming around the corner.
The road followed green valleys up and down through cosy villages which all came up with at least one castle or church from the 12th century. But even the houses did not look more recent. The streets were crowded with mobil homes driven around by Germans, Dutch, but mostly by French people, and the price level was accordingly touristic: no meal below 12€ and the French restaurant plates are not of the right size for cyclists anyway. So I decided to stop bothering and never entered a restaurant anymore after the chocolate cake experience.
The landscape was more lovely than spectacular, the people were more polite than friendly, and as a scrubby cyclist, I clearly felt to not belong to this region. I just kept going, immersed in some melodies which kept turning in my head. I probably had not more encounters these days than in the desert of Bolivia, but once I got stopped in the middle of the road by a man in his car. The short talk with him turned into an interrogation, he asked without a single smile and took leave saying „À bientôt“. I got suspicious when I indeed met him two more times that day, I don’t know what he wanted but since I knew what I did not want I made him lose my track in the one-way streets of some medieval village.
Finding camp spots was no easy exercise in this densely populated area, but I had always a bunch of luck. Only one morning, at 5.30, I woke up by gun shots. Glimpsing into the dawn, I saw a ranger about 100m from my tent on the glade. He was away when I woke up again.
My destination was a village close to Aix-en-Provence where good friends of mine from my home town Musberg happened to spend their holidays: Marijke and Wolfgang had prepared me a cordial welcome. We passed these two days in profound conversations about world politics and cultural discoverings, about the past and the future, exchanging experience and ideas, and they conveyed me the feeling that coming home one time was the right decision. With refreshed energies, I settled for the next stage: the beautiful cœur de France.
Since Lourdes, I had cycled for 1.028km and 12.515 height meters.

Sachertorte

Ein gängiges Klischee unterstellt dem Südamerikaner Unehrlichkeit im Umgang mit Geld; kein Reiseführer, der nicht vor Falschgeld und Wechselgeldhehlerei warnte. Dieses Klischee ist falsch. Ich habe nie Probleme mit Falschgeld gehabt, nicht einmal, als ich in Buenos Aires in Hinterzimmern Dollars tauschte. Im Gegenteil: ich erinnere eine Situation, als ich in Riobamba, Ecuador, morgens ein Internetcafé betrat und die Besitzerin mir unter Entschuldigungen eine Münze in die Hand drückte – sie habe bei der Abrechnung bemerkt, daß mir ihre Tochter am Vorabend zuviel kassiert hatte.
Europäer scheinen solche Skrupel nicht zu kennen: ich habe in einem Monat Europa im Touristennepp mehr Geld verloren als in einem ganzen Jahr Südamerika (ausgenommen der Taxibetrug in BA). Und ich habe es satt, bei gefühlt jeder sechsten Dienstleistung für den ausstehenden Tourismus einer ganzen Saison bepreist zu werden. Zuletzt in Seu d’Urgell: nach der Pizza hatte ich eine Tasse Schokolade bestellt, der Kellner brachte stattdessen ein Stück Schokoladenkuchen. Nun, man will den Leuten nicht übermäßig auf die Nerven fallen, und der Kuchen sah gut aus – mir blieb allerdings der letzte Bissen im Hals stecken, als dieses unschuldige Schnittchen mit dem Preis einer ganzen Pizza auf der Rechnung stand. Ich beschwerte mich und verlangte eine gedruckte Preisindikation. Der camarero murmelte pikiert etwas von „torta casera“ und flippte minutenlang durch die Dessertkarten – immer war da nur das verlockende Bildchen einer Schokotorte. Der Chef wurde gerufen und brachte schließlich, woher auch immer, eine Liste mit dem entsprechenden Posten bei. Ich gab den case verloren.
Was ist die Lehre aus der Geschichte? Daß ich nun vor jeder Tasse Tee nach ihrem Preis frage? Viel dominanter als in der lateinamerikanischen bestimmt das Geld in unserer Kultur jede Interaktion, zumal die flüchtige des Reisenden, bis hinein in jede Beziehung. Adorno hatte ein feines Gespür für das Tauschprinzip: „Der Qualität eines jeden der ungezählten Autos, die am Sonntagabend nach New York zurückkehren, entspricht genau die Hübschheit des Mädchens, das darin sitzt.“ (Minima Moralia, „Ne cherchez plus mon coeur“)*. Denkstoff für das nächste Stück Sachertorte.

*Nebenbemerkung: Daher ist auch die von den selbsternannten Wächtern der Sittenmoral erwartbar in der letzten Vorweihnachtszeit angezettelte Diskussion um ein Prostitutionsverbot in Deutschland nichts anderes als: scheinheilig.

Die restlichen Pyrenäen (The rest of the Pyrenees)

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Über sieben Brücken musst du geh’n.
H.Richter

Equipped with a packed lunch of the lovely hostel warden Monique, whose heart still longed for Brazil, I headed for the pyrenees once more. Already before arriving Lourdes, I knew that with one crossing I would not have done them justice. The route I’ve picked from the map was one of the few crossings without any tunnel, but it counted with seven mountain passes, five of them in the Hautes-Pyrénées on the way to Seu d’Urgell and two in the Pyrénées Orientales on the way back to France. It turned out that the first two passes, Col d’Aspin and Col de Peyresourde belonged to a part of the Tour de France: the road was marked with encouraging phrases and crowds of passionated racers attacked the hillsides à la E.Merckx. But I didn‘ meet a single touring biker. The forth pass, Bonaigua, with 2072m the highest one, showed me its teeth: just after the top, the sky opened all its watergates. In situations like these, you may don what you have, two jackets, rain pants, gloves, but it doesn’t help, the wetness gets to the bones. The wind whips you the freezing rain into the face, your knees start to shover, your reasoning slows down and focuses on one thing: get out of here. Your dumb hands clench the handle bars, you slide down among the streams and eventually you come out of the clouds and the sun smiles again. I did not camp out that night.
Even though it kept to be rainy all these days, I had more luck on the next passes. And I happened to think that there is probably nothing more joyful in the world than sailing down these beautiful green hills. Maybe climbing them.

From Lourdes to the last Col de Lineas, I’ve cycled for 489km and 8.026 height meters.
Karte folgt.

Lourdes

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Von Westen her kommend radelte ich direkt ins Sanctuaire, dessen Grünanlage ich zunächst für eine kirchliche Geriatrie hielt. Rund um die Basilika war eine vielfarbige, vielsprachige Menschenmenge versammelt, die dort dem Singsang lauschte, den ein Priester auf einem Sockel unter der Statue S.Bernadettes durch die Lautsprecher säuselte. Seine Predigt versetzte einen authentisch direkt zurück ins Mittelalter: da gab es noch die ´Feinde der Kirche´, die ´falschen Propheten´, die uns vom rechten katholischen Weg abbringen wollen, und immer war der Moment der Entscheidung, der finalen Rettung gerade jetzt. Nach dem Fürbittengebet scharten sich die Pilger in Gruppen: die Deutschen und die Iren waren die ersten, die Italiener die letzten, die sich hinter ihren Landesflaggen in Viererreihen formierten; den Abschluß der Prozession bildete jedoch die größte Gruppe der Fußkranken, die in Karren gezogen und in Rollstühlen geschoben wurden. – Ich hoffe sehr für die mit gelben Dreieckstüchern markierten Helfer, daß die nicht alle bis Santiago wollten.
Die Stadt selbst scheint überhaupt nur aus Hotels und Andenkenläden zu bestehen: da gibt es alles, den ganzen katholischen Wahnsinn, Kerzen und Kalender, Medaillen und Figurinen, Rosenkränzchen und Pilgerkäppchen, und Kanister bis 5l für das heilige Wasser aus der Bernadette-Grotte, für das die Bedürftigen Schlange standen. Am Abend fluteten Uniformierte die Gassen, Soldaten aller Corps und Legionen, die für die kommenden drei Tage das Prozessionsspektakel gestalten würden: gefolgt von den purpurgewandeten Würdenträgern, vor denen die Gläubigen auf die Knie sanken, marschierten sie am folgenden Tag zu den Worten „Liebet eure Feinde“ im Stechschritt – Männer und, jaja, auch Frauen, deren Handwerk, machen wir uns nichts vor, nicht das Possieren in adretten Uniformen, sondern das Töten von Menschen ist.
Am Nachmittag betrat ich die Basilika. In der letzten Reihe kniete dort ein früh ergrauter Mittvierziger in Kampfuniform mit kroatischem Abzeichen, der wirr an seinen Händen nestelte. Ein kurzes Gespräch später bestätigte meine Vermutung: you know, when the demons come at night, you know. – Ich wünsche uns allen, auch denen, die da draußen paradierten, daß uns seine Erfahrungen erspart bleiben.
It was time to carry on.

Lourdes1
Video anschauen! Is this sarcasm or already madness?
(Falls das Plugin streikt: Rechtsklick auf den folgenden Link, „Ziel speichern unter…“ u. manuell aufrufen): Militärparade in Lourdes

Die westlichen Pyrenäen

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Kurz nach dem kleinen Pass Lerga sah ich zum ersten Mal, mit nicht geringem Schrecken, die weiße Kulisse der Pyrenäen in der Ferne aufragen. Ich hatte mit einer solchen Schneedecke um diese Jahreszeit nicht mehr gerechnet und konnte nur hoffen, daß die tunnellosen Übergänge, die ich fahren wollte, bereits geräumt waren.
Eine unliebsame Überraschung war die unangekündigte Sperrung der Uferstraße am Stausee Yesa; der Wachmann an der Absperrung riet mir zu einer Umfahrung am anderen Ufer, ein Umweg von etwa zwei Tagen. Da man sich als Radfahrer in Europa ohnehin meist in rechtlichen Grauzonen bewegt (Warnweste?, Helmpflicht?), wählte ich stattdessen für 8km den Standstreifen der parallel verlaufenden Autobahn. Das für jeglichen Verkehr gesperrte Nordufer bot mir nun, von der anderen Seite her kommend, wunderbare, ungestörte Zeltmöglichkeiten, und ich verbrachte zwei Nächte auf einer Steilklippe über dem tiefblauen Wasser. Die am Ufer liegenden Dörfer, obwohl noch auf der Karte verzeichnet, sind seit der Landnahme des Stausees-Projekts verlassen; in den kommenden Jahren soll der See gegen den Widerstand der örtlichen Bevölkerung weiter vergrößert werden, um die Trinkwasserversorgung Zaragozas sicherzustellen.
Im Tal des Rio Esca schraubte ich mich stetig aufwärts, eine Nacht noch auf einer Almwiese, bevor ich gegen einen eisigen Frontalwind die letzten Kehren zum Col de St.Martin auf 1773m in Angriff nahm. Fröstelnde, leichtbekleidete Rennradler überholten mich auf den letzten Kilometern, am Pass traf ich den freundlich lachenden Franzosen Pierre, der mir eine wunderschöne, steile Waldabfahrt empfahl: der Frühling hatte mich wieder, Wassergeplätscher und Vogelgezwitscher, wärmender Sonnenscheini auf den französischen Auen. Am nächsten Tag schon, früh geweckt von einer Wandergruppe, erreichte ich nach einigem Auf und Ab im hügeligen Vorland der Pyrenäen Lourdes.
Seit Burgos habe ich 507km und 6.282 Höhenmeter zurückgelegt.
Karte folgt.

¡Buen Camino!

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It turned out that the picturesque town of Burgos had a nice library which made my stay longer than expected. I’d be there in the morning when it opened and in the evening until it closed, reading about two books a day: H.Schultz’s touching narrative about his turnover of Starbucks, books about entrepreneurship and marketing, and about „what Einstein may have told his hairdresser“, an interesting collection of the intricate questions of daily life (like what to do when in a falling lift). Burgos happens to be on the main track of the famous pilgrim route to Santiago de Compostela. That is a route from the South of France through the North of Spain, about 800km for about 40 days. You collect stamps all along the way in the accomodation facilities and the visiting spots and when you arrive Santiago with enough stamps you get a certificate in your language (if you did the camino „for private reasons“) or in latin (if you did it „for religious reasons“). That’s how the pilgrim system works.
One sunny afternoon, I stood in one of the lovely little pedestrian streets, when a man, for his accent an Austrian, came by in a rush shouting „¿peregrino, peregrino? ¿albergue, albergue?“ He immediately hastened away into the direction I pointed him to. This was my first encounter with a pilgrim in action. For two days in the lovely green hillsides (that is, upwards and downwards) to Logroño and Estella, I should meet more people than on the countryside of Southamerica in a whole year: friendly people of all ages and nationalities, struggling with the sun, moaning about theirs blebs, gathering in groups or solely. „You go in the wrong direction! Aren’t you on the camino?“ – „I’m just cycling here.“
While I respect them for their outdoor activity, I personally don’t share their preference to go for the beaten track: walking in the crowd, on a predefined way, in a prescribed direction, seeing preconceived things, sleeping in completely organized places. In Estella, I even spent a night in a pilgrim’s hostal, just for the experience. Light was eclipsed with the sun at 10 o’clock, the first left at 6 o’clock the next morning. With 40 snarkling people in one room, it was not the best sleep night of my life, but the atmosphere was pleasant: the home was run by a team of mentally impaired people who invited me for their pasta dinner – they had cooked about twice too much – and we spent a very funny evening.