Kategorie-Archiv: Vivencias

Erlebnisse und Erfahrungen auf der Fahrt

Bogotá

Bogotá ist auf den ersten Blick nicht unbedingt eine einladende Stadt, ihre eigenwillige Schönheit erschließt sich nicht unmittelbar. Es ist eine Stadt, die Lebensraum bietet, die unprätentiös einfach so da ist, wie sie ist: mit ihrem Verkehrschaos, mit ihren bröckelnden Fassaden, grauen Hochhäusern im Charme der 60er Jahre, mit den unzähligen quirligen Straßenhändlern, die ihre mango- und papayabeladenen Karren über die löchrigen Gehsteige schieben, mit dem verläßlichen Nachmittagsregen, mit ihren modernen Glasbauten auch, großzügigen Parkanlagen und palmen-bepflanzten Mittelstreifen unter Fußgängerbrücken. Eine Metropole, die mit ihren acht Millionen Einwohnern immer weiter auf die sie umgebenden Andenhänge zuwächst, mit flächigen Wellblechsiedlungen zunächst, gefolgt von weißen Wohnhäusern, Einkaufszentren und schließlich zunehmend verdichtet in vielstöckigen Bauten.
Für mich in ihrer Vielseitigkeit und auch dank des deutlichen Spanisch, das hier gesprochen wird, ein guter Einstieg auf dem lateinamerikanischen Kontinent, eine Stadt, die mich freundlich aufgenommen hat.

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El pueblo unido

Palmen & Regen

Der erste Mai – ein interessanter Tag, um erstmals in das südamerikanische Lebensgefühl einzutauchen: die ganze Stadt ist heute unterwegs, entweder in den Sprechchören, die durch die Straßen ziehen, oder in den eher noch zahlreicher vertretenen Plastikuniformen, die die Straßen säumen. Ein studentischer Photoclub verfolgt mit Dutzenden von Stativen und hochwertiger Ausrüstung das experimentell angelegte Projekt der meisten Simultanaufnahmen eines Straßenbildes.

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Mir wird erst spät plötzlich bewußt, in welcher Welt ich gelandet bin: beim intensiven Geschmack meines ersten Mango con leche unter Palmen.
Nachmittags anhaltender Regen.
Palmen & Regen

despedidas y llegadas

adiós
Plötzlich ging alles ganz schnell: nach der Aufregung der letzten Vorbereitungen, der Hast des Aufbruchs, der Anspannung der Fahrt und der Gepäckaufgabe blieben für den Abschied nur noch die wenigen Meter im Laufschritt zur Paßkontrolle, kurze Umarmungen, Tränen auch, dann eine innere Leere, in die das Gefühl der Ungewißheit meiner Unternehmung schmerzlich einströmte. Wann immer ich für eine längere Zeit fortging, war es für einen Zweck, fürs Studium, für die Arbeit. Diesmal war es ein Aufbruch ins Offene, ins ziellose Leben des Reisenden.
„Die Ufer blieben zurück, und das war wie ein leichtes Abschiednehmen von dem menschlichen Sein und Hausen, das dort vonstatten ging, … Abschied von der Mannigfaltigkeit alles Vertrauten, von den vertrauten Bildern und Gesichtern dort, Bilder der Vertrautheit, schmerzlos sacht zurückweichend, wenn auch noch zur Begleitung bereit…“ (H.Broch, Tod des Vergil)
handle with care!
Am Gate dann die unvermittelte Entschleunigung: aufgrund eines technischen Defekts verzögerte sich der Abflug um 2,5 Stunden. Angesichts der mir bevorstehenden acht Monate des Unterwegs-Seins war das kein Anlaß zur Ungeduld; besorgt war ich allerdings wegen des späten Eintreffens in Bogotá, vor dessen nächtlichem Straßenleben alle Reiseführer warnen.
Tatsächlich habe ich gut daran getan, mich für die Fahrt zum vorab gebuchten hostal im Altstadt-Viertel La Candelaria für das Taxi zu entscheiden: den dunklen von einzelnen abgerissenen Gestalten bevölkerten Straßenzügen hätte ich mich ungern ohne diesen Schutzraum ausgeliefert. Auch der taxista schien sein Heil in der Geschwindigkeit zu suchen: ohne zu bremsen schossen wir quietschend durch die engen kopfsteingepflasterten Gassen.
Ein kurzer Moment entgeisterten Erschreckens dann, als ich mit dem Fahrrad und den noch zu einem unhandlichen Bündel verschnürten Radtaschen einigermaßen unbeweglich vor der Tür des hostals stand, im Rücken die Dunkelheit der trostlosen Fassaden – und die Tür verschlossen fand. Unsägliche Erleichterung über die Rückkehr des taxista, der die brenzlige Situation im Rückspiegel beobachtet hatte, und mit mir die Klingel suchte. Hinter der doppeltürigen, kameraüberwachten Eingangsschleuse empfing mich das freundliche Lächeln von Edwis, dem sympathischen recepcionista. Versorgt mit einer Flasche Mineralwasser und im Erfolgsgefühl des ersten spanischsprachig gemeisterten Gesprächs übermannte mich kurz darauf gegen Mitternacht (7 Uhr mesz) ein traumloser, selbstvergessener Schlaf.
home, sweet home